Politische Aspekte

Da CDR erst seit Kurzem in den klimapolitischen Debatten in der EU und in Deutschland auftaucht, und da marines CDR in dieser Debatte nur eine untergeordnete Rolle spielt, ist es wichtig, dessen politische/institutionelle Machbarkeit (feasibility) zu bewerten – als Teil einer weit gefassten Reihe von Machbarkeitsdimensionen, die im IPCC SR1.5 entwickelt wurden (IPCC 2018, Kapitel 1 und Kapitel 4). Dieser Analyserahmen wurde bisher allerdings fast ausschließlich auf jene CDR-Methoden angewandt, die auch in Integrierten Bewertungsmodellen (Integrated Assessment Models) enthalten sind, nämlich Aufforstung und BECCS (Forster et al. 2020; Waller et al. 2020). Politische Machbarkeit – ein Faktor, der in Integrierten Bewertungsmodellen unterrepräsentiert ist – wird hier in einer explizit nicht-normativen Weise konzeptualisiert, als das Ergebnis der Kombination aus Motivation und Kapazität von politischen Akteuren, ein bestimmtes Ergebnis zu erreichen (Jewell und Cherp, 2020), etwa Erforschung, Entwicklung, Demonstration oder Einsatz von marinen CDR-Optionen. Klimawissenschaftliches Wissen über Probleme und mögliche Lösungsansätze beeinflusst zweifellos sowohl die öffentliche Wahrnehmung als auch die Medienberichterstattung, die jeweils wichtige Faktoren für politisch-administratives Handeln bilden. Dennoch führen Eigenlogiken des politisch-administrativen Feldes häufig zu inkonsistenten Entscheidungen und Implementierungsansätzen (Geden, 2016). Während die Machbarkeitsbewertungen im IPCC SR1.5 hauptsächlich auf der Ebene globaler Emissionsminderungspfade angesiedelt waren, kann die politische/institutionelle Machbarkeit nur dann sinnvoll analysiert werden, wenn spezifische Optionen in politisch-institutionellen Kontexten innerhalb spezifischer Zeiträume betrachtet werden (Jewell und Cherp, 2020). Politisch-institutionelle „Machbarkeitsgrenzen“ müssen als dynamisch angesehen werden, was die Entwicklung von Hypothesen darüber ermöglicht, wie solche Grenzen zukünftig möglicherweise verändert werden könnten.

Referenzen

Forster, J., Vaughan, N.E., Gough, C., Lorenzoni, I., & Chilvers, J. (2020), Mapping feasibilities of greenhouse gas removal: Key issues, gaps and opening up assessments. Glob. Environm. Change, 63, 10273. http://doi: 10.1016/j.gloenvcha.2020.102073

Geden, O. (2016), The Paris Agreement and the inherent inconsistency of climate policymaking. WIREs Climate Change, 7, 790-797.

IPCC, (2018), Global Warming of 1.5°C. An IPCC Special Report on the impacts of global warming of 1.5°C above pre-industrial levels and related global greenhouse gas emission pathways, in the context of strengthening the global response to the threat of climate change, sustainable development, and efforts to eradicate poverty. (Masson-Delmotte, V., P. Zhai, H.-O. Pörtner, D. Roberts, J. Skea, P.R. Shukla, A. Pirani, W. Moufouma-Okia, C. Péan, R. Pidcock, S. Connors, J.B.R. Matthews, Y. Chen, X. Zhou, M.I. Gomis, E. Lonnoy, T. Maycock, M. Tignor, and T. Waterfield (eds.).

Jewell, J. & Cherp, A. (2020), On the political feasibility of climate change mitigation pathways: Is it too late to keep warming below 1.5C?. WIREs Climate Change, 11, e621. https://doi.org/10.1002/wcc.621

Waller, L., Rayner T., Chilvers, J., Gough, C.A., & Vaugahn, N. (2020), Contested framings of greenhouse gas removal and its feasibility: Social and political dimensions. WIREs Climate Change, 11, e649. https://doi.10.1002/wcc.649